Mai 2022

21. Februar 2024 0 Von Steffi

Wikingermarkt Jork:

In Jork haben wir einen Platz direkt neben dem Kämpferplatz bekommen, also mitten auf der freien Wiese. Vor uns war Weg, hinter uns war Weg, rechts von uns der Kämpferplatz, links von uns ein Lager mit relativ kleinen Wiki-Zelten. Der Aufbau lief ganz gut, aber es stellte sich schnell heraus, dass wir unser Banner wegen des Windes nicht stellen konnten. Überhaupt habe ich mit dem Banner ein Problem, es ist einfach zu groß für einen Frühmittelaltermarkt.

Die Wettervorhersage kündigte für die nächsten Tagen Starkregenfälle und Windböen von bis zu 82 kmh an, was schon ein reichlich mulmiges Gefühl bei uns auslöste.

Abends haben wir gegrillt, und anschließend sind Dieter und ich schon mal auf dem Markt spionieren gegangen. Viel ließ sich noch nicht sagen, weil alle noch mit Aufbau beschäftigt war.

Der nächste Tag wurde vom Wetter her genauso dramatisch wie angekündigt. Unsere Zelte wurden mehrfach heftig geduscht, die Heringe begannen sich zu lösen. Uns dämmerte, dass wir das Essen, das wir für das Lager geplant hatten, nicht würden kochen können, denn offenes Feuer war ein Ding der Unmöglichkeit. Also haben wir beschlossen, das Essen am Freitag Vormittag in der Ferienwohnung zu kochen und am nächsten Abend im Lager aufzuwärmen, in der Hoffnung, dass es dann wieder möglich sein würde, Feuer zu machen. Auch war klar, dass immer eine Person im Lager sein musste, um darauf zu achten, dass sich keine Heringe verabschieden. Sukzessive haben wir die Heringe, die nicht gehalten haben, gegen Holzheringe ausgetauscht, und sogar die haben teilweise im Boden nicht gehalten.

Der Wind mit den Starkböen, die Kälte, die Nässe und die immer wiederkehrenden Starkregenfälle waren nicht nur eine massive Herausforderung für unser Equipment, das Wetter war auch einfach unglaublich anstrengend. Es saugt einem wirklich die Kraft aus den Knochen. Die Stimmung im Lager war teilweise sehr angespannt, nicht, weil wir ein Problem miteinander hatten, sondern weil die Situation so anstrengend und auslaugend war. Ständig wanderten wir um die Zelte herum und haben die Heringe kontrolliert, und wie oft Dieter die Seilabspannungen für die Plane wieder festgetackert hat, haben wir irgendwann nicht mehr gezählt.

An sich haben wir im Lager gesessen und gewartet, dass der Tag herum geht und gehofft, dass das Wetter milder wird. Dieter und ich sind zwischenzeitlich über den Markt gelaufen und waren reichlich enttäuscht. Zwar hatten wir auf einem Wikingermarkt nicht ernsthaft erwartet, altsächsische Artefakte zu finden, aber es gab als Stoffhändler den Weitfahrer, der nur sehr dünne Stoffe dabei hatte, keinen echten Mittelalterkrämer, keinen schmiedenden Schmied. Die anderen Händler haben uns nicht wirklich angesprochen.

Angeblich sollte der Markt zweigeteilt sein: ein mittelalterlicher Teil und als zweiten Teil die Gastro. Die „Aufteilung“ bestand aber nur darin, dass die Gastro nicht mit den Mittelalterhändlern zusammen stand. Der Teil der Gastro, der mit dem Rücken zu den Mittelalterhändlern stand, war zumindest von den Ständen her noch einigermaßen mittelalterlich gestaltet: viel Holz und die modernen Dinge im Stand weitestgehend verborgen. Aber dem gegenüber stand ein quietschblauer Eiswagen, auf dem Weg zur Gastro stand auf der rechten Seite des Weges ein schwarzes Plastikzelt eines Malers, der Bilder mit Wikingermotiven verkaufte (in Latzhosen), und von da aus konnte man den weiß-roten Anhänger sehen, der für den Getränkestand gedacht war.

Positiv war, dass die Gastro-Ecke wirklich vielseitig war. Es gab sehr leckeren Flammlachs, daneben gab es Spießbraten. Gegenüber stand eine klassische Pommesbude, neben der Pommesbude ein Stand, der heiße Pilze und Zwiebelfleisch verkaufte. Auch einen Whiskystand gab es zu Dieters Freude. Für einen doch eher kleinen Markt war dieses Angebot wirklich großartig.

Das Wetter war ein Auf und Ab der Gefühle. Immer, wenn sich die Wolken verzogen haben und die Sonne durchkam, keimte die Hoffnung auf, dass sich das Wetter beruhigen würde. Der nächste Starkregenguss und/oder die nächste starke Böe machten diese Hoffnung aber immer wieder zunichte.

Abends kam das Nachbarlager zu uns herüber, und wir haben zusammen einen unerwartet lustigen Abend im Lager verbracht. Die Frau aus dem Nachbarlager machte Glasperlen, und sie hatte ihre Sammlung mitgebracht, und ich habe ihr meine Glasperlenketten gezeigt. Die Jungs haben Whisky genossen und wir haben lange miteinander geredet und viel gelacht. Spät am Abend sind die drei aus dem Nachbarlager wieder in ihr Lager gegangen und wir sind in die Betten gekrochen.

Am darauffolgenden Vormittags sind wir in die Ferienwohnung gefahren und haben das Lageressen vorgekocht. Den heißen Topf mit dem Essen drin haben wir einfach in unseren Coleman gestellt, den wir mitgenommen hatten, und haben ihn so zum Markt transportiert. Wir hatten dem Nachbarlager Dieters Handynummer gegeben und gebeten, dass sie anrufen, wenn es zu arg wird mit dem Wetter und ansonsten einen Blick auf unsere Zelte zu werfen.

Der nächste Tag hat das Lager endgültig zur Katastrophe gemacht. Das Wetter hat noch mal einen Zacken zugelegt. Beinahe hätte es unsere Plane fortgeweht. Also haben wir die Stühle und eine der kleinen Kisten ins Sachsenzelt gestellt und haben die Plane herunter gerissen und am Boden fest getackert. Das in der Ferienwohnung vorgekochte Abendessen haben wir auf dem Gaskocher im Küchenzelt aufgewärmt. Dabei haben wir festgestellt, dass die Nähte unseres Sachsenzeltes da undicht sind, wo die Plane auf dem A-Gestänge aufliegt. Zuerst dachten wir, es liegt daran, dass der Wind die nasse Plane gegen die Stangen drückt, aber bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass die Plane da undicht war, wo die an den Stangen angebundenen Leinensäckchen mit den Knoten zwischen Stange und Zeltplane lag. Also haben wir die Leinensäckchen abgenommen, aber es war schon zu spät: das Wasser floss in kleinen Flüssen die Stangen hinab.

Schließlich haben Dieter und ich aus Angst um unser Sachsenzelt die Orga aufgesucht und mitgeteilt, dass wir am Samstag abbauen würden. Wir hatten wirklich die Befürchtung, dass das Sachsenzelt hinüber sei. Also standen für uns gedanklich alle noch in diesem Jahr angemeldeten Lager, aber auch unser Hobby an sich auf der Kippe. Die Nerven lagen komplett blank, und bei dem Gespräch mit der Orga habe ich einen Heulkrampf bekommen.

Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt hatte, haben wir begonnen, das Interieur des Sachsenzelts für den Abbau vorzubereiten, soweit es möglich war. Währenddessen kam die nächste Starkregenfront und hat sich über uns entladen. Wir haben den Wecker auf 6 Uhr gestellt und haben versucht zu schlafen, was eher mäßig gelungen ist. Es war ziemlich kalt in dieser Nacht und ich war mehrfach wach und habe gefroren.

Am Samstag begann um 6 Uhr der Abbau. Wir sind auch gut voran gekommen, obwohl es zwischenzeitlich mehrfach geregnet hat. Dennoch kamen wir mit der Zeit nicht hin, denn um 10 Uhr mussten wir vom Platz sein, und wir konnten aufgrund der Tatsache, dass wir ja unsere Sachen nicht im Regen stehen lassen konnten, die Zelte entgegen unserer üblichen Reihenfolge erst ganz zum Schluss abschlagen konnten, nicht so packen wie gewohnt, was wiederum Zeit gekostet hat.

Unser Nachbarlager war ebenfalls mit dem Abbau beschäftigt, denen hatte es nämlich die Plane zerrissen.

Um 9:45 Uhr standen fast nur noch die Zelte, da hielt auf dem oberen Weg ein Wagen, und der Fahrer motzte mich an, dass doch wohl seit Jahren bekannt sei, dass um 10 Uhr alle Autos vom Platz zu verschwinden hätten. Darauf habe ich geantwortet, dass wir ja dabei sind abzubauen. Daraufhin motzte er mich erneut an, ob ich die Kosten tragen wollen würde, wenn etwas auf dem Platz passiert, weil wir nicht rechtzeitig vom Platz wären. Daraufhin habe ich zurück gemotzt, dass ich keine Zeit für dermaßen sinnlose Diskussionen hätte, ich hätte ein Lager abzubauen, habe mich auf dem Absatz umgedreht und bin zurück zu unseren Zelten. Tolle Wolle: wir sollen um 10 Uhr vom Platz sein, und der Mensch verzögert den Abbau mit seinem Gequatsche. Der Typ schrie mir noch hinterher, warum wir gestern Abend nicht abgebaut hätten, woraufhin Dieter ihn gefragt hat: im Starkregen? Geht’s noch?

Zurück im Lager kam vom Kämpferplatz her ein Mann und machte mich darauf aufmerksam, dass wir um 10 Uhr vom Platz sein müssten. Angekratzt von der Situation an sich und dem gerade stattgefundenen Streitgespräch habe ich den Mann abgekanzelt. Etwas später kamen 5 Gewandete über den Platz und haben gefragt, wie sie helfen können. Dank dieser 5 Mann sind wir exakt um 9:59 Uhr vom Platz gefahren. Vielen tausend Dank an diese Männer!

Abends ist Dieter zum Whisky-Tasting auf das Veranstaltungsgelände gefahren, das von dem Whiskystand auf dem Markt in Jork ausgerichtet wurde. Inzwischen war die Lagerwiese fast leer, und es standen – übrigens während des laufenden Marktes! – Fahrzeuge auf dem Platz. Soviel zum Thema Versicherung.

Was war passiert? Der Seitenarm der Elbe, der am Marktgelände vorbei fließt, war über die Ufer getreten und hatte alle Lager, die in Ufernähe standen überschwemmt. Na so was… warum hatten die denn bloß nicht gleich morgens abgebaut? (Sorry für den Sarkasmus).

Ansonsten:

Wir haben uns um die Repliken aus Porta Westfalica gekümmert, Dieter wegen der Replik vom Sax, ich wegen der Glasperlen. Auch um Kontaktlinsen habe ich mich gekümmert, um im Lager möglichst auf die Brille verzichten zu können.